Chronik

Der Gregorianische Kalender zeigt das Jahr 1785.

Winisch Georg, Maurer in Rittsteig und Barbara Winisch geb. Hutter sind die Eltern von Wolfgang Winisch der am 6.7.1785 in Rittsteig im Bayerischen Wald geboren wurde.

Die Bewohner des Bayerischen Waldes sind stark geprägt von der Natur – vom dichten dunklen Wald, vom kargen Ackerboden und vom strengen Winter.
Aus dem Gerichtsbezirk Zwiesel wird um 1800 berichtet: „Die Kost des Landmannes ist sehr schlecht. Erdäpfel und schlecht zubereitete Speisen von Roggenmehl, Sauerkraut, saure Milchsuppen und sehr schwarzes Brot, nicht selten mit Habermehl vermischt, ist die gewöhnliche Nahrung… Fleisch wird nur bei den Vermöglichen des Jahres drei Mal gekocht, nemlich an Christtag, Ostertag und dem Kirchweihfest….“

Der Vater von Barbara Winisch geb. Hutter ist Wolfgang Hutter aus St. Katharina in Böhmen. Die Mutter von Barbara ist Margarethe Mühlbauer (Milbauer) von einer alteingesessenen Bauernfamilie aus Rittsteig.

Wolfgang Winisch erlernte das Schneiderhandwerk. Er ehelichte am 23.8.1813 die Therese Achatz aus Engelshütt.

Man schrieb das Jahr 1816 als am 4. Januar Katharina Winisch in Rittsteig als Tochter der rechtgläubigen Eheleute Wolfgang und Therese Winisch geb. Achatz das Licht der Welt erblickte. Am 6.1.1816 fand nach römisch katholischem Ritus vom Hochwürden Hr. Pfarrer in der Kirche von Neukirchen b. Hl. Blut die Taufe statt.

Rittsteig war damals ein kleines „Waidlerdorf“ an der bayerischen – böhmischen Grenze in der Mitte des Böhmerwaldes; 1864 wohnten 717 Menschenseelen in 74 Häusern. In der Gemeinde lebten überwiegend Bauern, Söldner ( Sölde nennt man ein Höfl mit 10 bis 30 Tagwerk Grund ) und Häusler. In großer Mühsal mussten die „Rittsteiger“ die steinige Scholle bearbeiten und sich im Holz abmühen; sie lebten nicht nur im Wald, sondern sie lebten auch vom Wald. Sie sind arbeitsame Erzeuger heimischer Lebensmittel und sorgfältige Viehzüchter.
In den Anschauungen, Sitten und Gebräuchen ist der Oberpfälzer fest verwurzelt im katholischen Glauben. Der Lebensrhythmus im Bayerischen Wald wird von den kirchlichen Feiertagen vorgegeben; Rituale geben dem Leben einen erhabenen Sinn.
Die Waidler pflegten ihre Mundart. Das einzigartige Kulturgut ist dem Untergang geweiht. Der familiäre Zusammenhalt und die nachbarschaftlichen Hilfen in den dörflichen Gemeinden des Hohenbogen-Winkels glückten bis weit in die neueste Zeit.
Trotz ihrer schweren körperlichen Arbeit und der bescheidenen Lebensweise lieben sie ihre Heimat.
Rittsteig gehört heute zum Wallfahrtsort und Markgemeinde Neukirchen b. Hl. Blut.

Sankt Anna in Rittsteig

Anton Stoiber geb. 22.8.1790, Inwohner in Kager heiratet in Neukirchen b. Hl. Blut am 1.5.1815 Barbara Winisch vom Multererhof. Zeuge ist ein Joseph Siebenzehnrübl, Kirchendiener von Neukirchen b. Hl. Blut. Barbara ist eine Tochter von Joseph Winisch aus Böhmen und Maria Winisch geb. Klingseisen. Kinder sind uns nicht bekannt. Die verwandtschaftliche Beziehung von Joseph Winisch aus Böhmen und Georg Winisch in Rittsteig ist noch nicht geklärt, aber nicht ganz auszuschließen.

Herzog Max IV. führte mit der Schulpflichtverordnung vom 23. Dezember 1802 in Bayern die allgemeine Schulpflicht ein – ( Sonn- und Feiertagsschule ).
Vor 200 Jahren im Oktober 1813 hat die französische Armee mit Napoleon Bonaparte eine herbe Niederlage in der Völkerschlacht vor den Toren von Leipzig erlitten.
Ab ca. 1830 begann die Blütezeit des Biedermeier. Einer der bedeutendsten Kunstmaler in der Biedermeierzeit war Malerpoet Carl Spitzweg. Er wirkte in Oberbayern bis er 1885 in München starb.
Es begann die zunehmende Industrialisierung. 1839 verkehrte die erste Eisenbahn zwischen München und Lochhausen. Es bahnte sich das „Mobilitätszeitalter“ an.

Katharina Winisch war Geflügelhändlerin. Sie reiste im Bayerischen Wald von Hof zu Hof; sie kam viel umher. Zu der damaligen Zeit war es durchaus gängig mit Wildgänsen aus dem böhmischen Grenzland zu handeln.
Sie gebar mit 38 Jahren am klaren 26. Novembertag 1854 in Rittsteig einen unehelichen Sohn. Noch am gleichen Tage wurde er auf den Namen Franz Xaver in Neukirchen b. Hl. Blut getauft. Mit 79 Jahre trat Katharina am 31.3.1895 ihre Reise in die Ewigkeit an.

Der Schneider Josef Maier aus Schmelz – bei Lam – war der Vater von Franz Xaver Winisch.

Franz Xaver, der Austragskrämer, kauft am 3.4.1880 von Joseph Altmann und Therese Altmann ein Haus in Rittsteig mit 1,687 Hektar um 651 Mark. Am 9.2.1881 kauft er in Rittsteig ein weiteres Anwesen mit der Hausnummer 32 ( ab 1985 Hauptstraße Nummer 22 ) für 891,43 Mark.

Im Winkel des Böhmer Waldes, Hohenbogen und Osser liegt der viel besuchte Wallfahrtsort Neukirchen b. Hl. Blut.

Im Jahre 1854 waren ca. dreißig Bürger aus Neukirchen b. Hl. Blut als Priester in Pfarreien anderer Orte seelsorglich tätig.
1904 hatte Neukirchen b. Hl. Blut 1688 Einwohner; davon 1681 Katholiken, 7 Protestanten.

Das Kalenderdatum zeigte den 16. Mai 1881 als der Krämer Franz Xaver Winisch in Rittsteig die Zimmermannstochter Therese Gerl heiratete. Das Hochzeitsfoto von Franz Xaver Winisch und seiner Theres zeigt zwei selbstbewusste Bürger, ja bürgerliche Eleganz. Die Theres sehen wir in ihrem Sonntagsstaat, der entweder schwarz war oder der jeweiligen Regionaltracht entsprach. Erst nach dem ersten Weltkrieg setzte sich das weiße Brautkleid in der Modewelt durch.

Theres Gerl und Franz Xaver Winisch

Für Franz Xaver Winisch läuteten am 25. August 1931 in Rittsteig die Totenglocken. 1859 am 27. März wurde Theres Gerl in Rittsteig geboren. Die neue Erdenbürgerin wurde noch am gleichen Tag nach Neukirchen b. Hl. Blut zur Taufe getragen und mit Weihwasser besprengt. Aus religiösen Gründen wurde einst eine Taufe möglichst am Tag der Geburt vollzogen, da viele Säuglinge oft nur Stunden oder wenige Tage überlebten. Warum holt der Tod so früh unschuldige Geschöpfe? Es ist zum verzweifeln, wenn man nicht an einen Herrgott glaubt.

Therese Gerl, katholisch, ist die eheliche Tochter des Inwohners und Zimmermann Georg Gerl aus Rittsteig und seiner Ehefrau Barbara, geb. Altmann.

Für Theres Gerl musste am 24.1.1929 die Versehgarnitur aufgestellt werden.

Die Befreiungshalle über Kelheim wird 1863 von Leo von Klenze vollendet.
König Ludwig II von Bayern besteigt am 10.3.1864 den Thron. Der Regent herrscht bis er am 13.6.1886 seinen rätselhaften Tod im Würmsee fand.
Der Gründer der Künstlervereinigung „Blaue Reiter“ Franz Marc kam am 8.2.1880 in München auf die Welt.
Die Ausreisewelle erreichte zwischen 1880 und 1908 auch die Oberpfalz. Viele junge Bauern sahen keine Chancen mehr, als Landwirt zu überleben. Sie zogen in die Städte und suchten als Industriearbeiter ihr Glück. Einige Mutige wanderten nach Amerika aus; wie zum Beispiel die Bayerwalddichterin Emerenz Meier, geboren am 3.10.1874 bei Waldkirchen fuhr im März 1906 mit dem Schiff nach Amerika. Sie verstarb in Chicago.

Aus der Ehe von Franz Xaver mit Theres stammen acht Kinder: Anna, Barbara, Ferdinand, Franz, Franziska, Michael, Therese und Veronika.

Der Ackerboden schlief noch, er war von einer dicken Schneedecke geschützt, als 1882 am 25. Februar ihre erste Tochter Therese in Rittsteig auf die Welt gekommen ist.
Mit 24 Jahre hat Therese die bäuerliche Welt des Waldes verlassen. In Gmund am Tegernsee heiratete sie am 25.11.1906 Xaver Gmeinwieser. Nicht ärmlich, aber doch bescheiden war ihre Vermählung. Auf Prunk konnten sie in ihren ganzen Leben verzichten.
Das Leben von Xaver endete in Rittsteig 1948. Therese verstarb nach einem Gehirnschlag im Alter von 73 Jahren am 9. Mai 1955 im Geburtsort Rittsteig.

Gmeinwieser             Winisch          Kornberger

Als im Kalenderblatt der 6.11.1883 stand, wurde Sohn Ferdinand in Rittsteig geboren. Er brachte es beruflich bis zum Schreinermeister. Seine Schreinerei war in Rittsteig Haus 11 ¼.
Am 16.11.1908 heiratete er Maria Altmann.
Gefreiter Ferdinand Winisch diente im 1. Weltkrieg als Pionier. Maria Altmann verstarb am 10.9.1924 bei der Geburt ihres Sohnes Franz Xaver. Im Waldland, da hatte man es mit der Eheschließung oftmals nicht gar so dringlich; es musste doch vieles bedacht werden. Bei vielen Brautleuten kamen zuerst die Kinder und dann der Hochzeitstag. Aber hier war doch Eile geboten. So trat Ferdinand am 19.1.1925 mit Maria Kirschenbauer nochmals in den Ehestand. Maria erreichte das schöne Alter von 91 Jahren. Aus den beiden Ehen stammen 16 Kinder; 9 Buben und 7 Mädchen: Ferdinand, Ludwig, Franz Xaver, Anna, Maria, Karolina, Therese, Rosa, Alfons, Josefine, Veronika, Joseph, Friedrich, Adolf, Gottfried und Herrmann. Ferdinand wurde am 11.8.1957 in Rittsteig auf sein Totenbrett in der dunklen Kammer hinter der Stube gelegt. In die Hände falteten die Hinterbliebenen einen schwarzen Rosenkranz. Ein Sohn übernahm die Schreinerei.

Ferdinand Winisch in Soldatenuniform

Theres wurde am 25.9.1885 von einem gesunden Buben entbunden. Sie nannten ihn Franz. Franz heiratete am 20.9.1910 in Rittsteig Anna Altmann.
Nicht mal einen Monat hat er als Soldat im ersten Weltkrieg gedient, als er am 27.8.1914 im Schlachtfeld bei Lüneville ( Frankreich ) gefallen ist. Die Kriegswitwe musste zwei Kinder, Karolina und Franz, in der schweren Nachkriegszeit versorgen.

Draußen im Kornfeld trug der Roggen schon satte Ähren, als Tochter Barbara am 20.7.1893 in Rittsteig das Licht der Welt erblickte. Am 30.5.1926 verehelichte sie sich mit dem Landwirt Ludwig Altmann. Ludwig und Franziska Koller geb. Altmann sind Geschwister. Wie bei vielen „Manna“ im Wald, war Ludwig ein leidenschaftlicher Schnupfer. Ohne seinen Schmai ( Schnupftabak ) hat Ludwig seinen Hof nicht verlassen. Die Tochter von Ludwig und Barbara, die Therese übernahm später den Bauernhof. Als ehrwürdige Bäuerin verbrachte Barbara ihr Leben in Rittsteig. Sie versorgte mit großer Hingabe die Kühe und die Ochsen im Stall. Auch die Feldarbeit ging ihr leicht von der Hand. Anno dazumal wurden auch kräftige Ochsen vor dem Pflug gespannt und die Bäuerinnen oder die Ehhalter ( Dienstboten, Knechte ) gingen gebückt hinterher und dirigierten das Gespann durch den schweren Erdboden unten bei der Buchermühle; es war eine elendige Schinderei. Pferde hatten nur die vermögenden Bauern.
Am 16.6.1966 ging Barbaras irdisches Leben nach einer langen Krankheit zu Ende und wurde in den steinigen Gottesacker von Rittsteig gelegt.

Franziska wurde am 24.8.1895 in Rittsteig geboren. Noch in den Nachkriegswirren des ersten Weltkrieges, am 19.10.1920 gaben sich in Waakirchen der Bergmann Georg Willberger und Franziska Winisch das Ja-Wort. Die Arbeit in einem Pechkohlenbergwerk zwischen den beiden großen Kriegen, war eine gefährliche, beschwerliche Arbeit; aber finanziell durchaus lohnend. Die letzten Jahrzehnte fühlte sich Franziska in Schaftlach zu Hause. Am Tegernsee, am 25.11.1963, wurde sie mit den heiligen Sterbesakramenten versehen.

Sterbebild

Die Anna wurde im bitter kalten Winter am 26.2.1903 entbunden. Anna schrieb sich zum letzten Mal am 13.11.1927 Winisch, aber zum ersten Mal Kelnhofer. Sie heiratete Ludwig Kelnhofer in Rittsteig. Ludwig ist der Sohn von Joseph Kelnhofer aus der Angelmühle bei Rittsteig. Joseph Kelnhofer verstarb am 31.5.1932 in Wisconsin in USA. Die Kinder von Anna und Ludwig wurden wie ihre Eltern Anna und Ludwig getauft. Das die Kinder den gleichen Vornamen erhielten wie ihre Eltern oder Großeltern war eine Ehrbekundung an die Vorfahren und zeitgemäß.

Im Herbst, als sich die Laubbäume färbten und sie sich von ihren Blättern trennten, am 22.10.1975, ging Anna Kelnhofer in das Reich Gottes. Anna und Ludwig Kelnhofer erhielten ihr Grab in Rittsteig.

Anna Winisch und Ludwig Kelnhofer

Als letztes Kind der Eheleute Winisch wurde Veronika am 14.11.1899 geboren. Veronika war 18 Jahre als sie den Hohen-Bogen-Winkel verlies. Sie heiratete noch in den chaotischen Zeiträumen des 1. Weltkrieges am 1.9.1918 in Waakirchen Bruno Kornberger aus Haimhausen bei Dachau. Veronika zog drei Kinder groß – Bruno, Erna und Ilse. Im März 1925 erfolgte der Umzug von Bruno, Veronika und ihren Sohn in das neu gebaute Haus in Trudering. Veronika war eine gütige Mutter und eine fürsorgliche Oma. In München Trudering lebte die Familie Kornberger bis der Tot Veronika am 10.9.1978 erreichte.

Veronika, Erna, Bruno, Bruno jun. Kornberger
Rittsteig

Als Michael Winisch am 2.3.1891 in Rittsteig geboren wurde war seine Mutter 32 Jahre. Er war das vierte Kind von Franz Xaver und Therese Winisch. Selbstverständlich wurde auch er unter das römisch-katholische Taufbecken gehalten.

Als Soldat im ersten Weltkrieg ( 1914 – 1918 ) kämpfte er im 11., 19., und 25. Bayerischen Infanterie Regiment. In Lüttich und im Feldzug gegen Frankreich bei Verdun; sowie 1916 bei der Schlacht an der Somme lag er im Kampffeld. Auch bei der Erstürmung des Brückenkopfes bei Jakobstadt ( Lettland ) und bei den Kämpfen um Riga war er an vorderster Front für das deutsche Vaterland. In der 1. Maschinengewehrkompanie tat er seine Pflicht.

Von 1925 bis März 1934 war er Feuerwehrkommandant der freiwilligen Feuerwehr in Rittsteig. Als Bäckermeister betrieb er eine Bäckerei und dazu einen kleinen Krämerladen in Rittsteig.

Krämerladen und Bäckerei von Michael Winisch in Rittsteig um 1926

Am 1. August 1914 zogen mit viel Optimismus deutsche Soldaten in den 1. Weltkrieg. Im autoritären- militärischen DeutschenKaiserreich leisteten bis zum Ende des Krieges 1918 etwa 13,25 Millionen Mann Militärdienst.
Infolge der politischen Fehleinschätzungen, für den Größenwahn im Kaiserreich und für die Gier nach Macht wurden mehr als 10 Millionen Soldaten weltweit sinnlos geopfert. Das deutsche Volk glaubte fest an den Siegfrieden im ersten Weltkrieg. Umso größer war die Enttäuschung über die militärische Niederlage und über die Verhandlungsergebnisse des Versailler Vertrages.
Mit dem Ende des Weltkrieges setzte ein demografischer Wandel ein. Immer weniger Großfamilien entsprangen in Deutschland. Auch als Folge des Krieges wurde den Frauen das politische Wahlrecht zugestanden.

Die Bayerische Räterepublik konstituierte sich in München 1918. Mit der Ermordung des ersten Ministerpräsidenten der bayerischen Republik Kurt Eisner 1919 ging die kurze Episode der Räterepublik in Bayern zu Ende.

Mühsam und körperlich anstrengend war die Arbeit als Bauer oder als Handwerker im Bayerischen Wald – lustig und fidel waren ihre Feste. So bot eine Hochzeit eine wohltuende Abwechslung für den Werktag. Es war ein großartiger Festtag in Rittsteig als am Mittwoch den 16.7.1919 der Bäcker Michael Winisch und die Kaufmannstochter Franziska Pritzl sich das Eheversprechen gaben. Alle Geschwister von Michael und Franziska waren bei der Vermählung zugegen.

Brautpaar und die Verwandtschaft.
Von der Hochzeiters Seitn: links vo eahm seina Seitn,
rechts vo ihrer seina Seitn

Michael übernimmt von seinen Eltern mit Urkunde vom 21.6.1919 das Anwesen Haus Nr. 29 ( heute Hauptstr. 22 ) in Rittsteig.
Um 1930 musste die Familie ein wirtschaftliches Unglück erreicht haben. Am 23.7.1931 wurde im Zwangsversteigerungsverfahren das Haus von Michael Winisch an Familie Pongratz, Landwirt in Rittsteig, übertragen.

Die Weimarer Republik von 1918 bis 1933 war der erste Versuch des deutschen Volkes nach dem Kaiserreich demokratische Regierungsweisen zu errichten. Februar 1932 waren 6,1 Millionen Arbeitslose registriert. Die Hyperinflationen in der jungen Republik trieben Handwerksbetriebe und Kaufleute in den Ruin. Die Treue zum Kaiserreich und nationales Gedankengut bei der militärischen Führung, im öffentlichen Dienst, in den adeligen Schichten, bei den einflussreichen Großgrundbesitzern und bei den Kriegsgewinnlern in der Schwerindustrie, behinderten demokratische Strukturen.

Michael zog am 7.2.1934 nach Feldmoching und am 26.2.1934 nach Mittenheim bei Oberschleißheim. Dort lebte dann die Familie bei Familie Michael Pritzl. Vom 10.12.1943 bis zum 6.8.1945 verbrachte Michael – kriegsbedingt getrennt von der Familie – in Echterdingen einige Zeit. Er musste nochmals die Soldatenuniform anziehen. Im Nazi-Deutschland wurde mit beißenden Spott hinter vorgehaltener Hand kolportiert: „Lieb Vaterland magst ruhig sein, der Führer zieht die Opas ein.“
Später zog die Familie in Oberschleißheim in die Dr. Hofmeisterstr. 6. Dann in die Dr. Hofmeisterstr. 191 zu den Eheleuten Lampert und Wilhelmine Deubler, die dort eine Brennstoffhandlung betrieben. Die Behelfswohnung von Michael befand sich unmittelbar im Dachgeschoß; Wohnraum war nach dem Krieg beschränkt. Brot und Heizmaterial bestimmten im Hungerwinter 1946 / 1947 das Dasein.
Gleich nebenan arbeitete Michael in der Bäckerei von Otto Rummel. Mitten in der Nacht, wohl um 2 oder 3 Uhr stand er auf, ging zwei Häuser weiter in die Bäckerei, heizte den Backofen ein, schob die Semmeln in den Ofen und drehte den Brezenteig zu frische Brezen.

Ab den 5.2.1968 verbrachte er seinen letzten Lebensabschnitt in Loitersdorf bei Ebersberg im Altenheim Lorenzenberg.

Am 15. August 1969 verstarb Michael im Krankenhaus Ebersberg. Alterszucker hat seinen Tot beschleunigt. Die Beerdigung fand am Münchener Nordfriedhof statt.

Was war das für ein Leben? Und welches Leben, das vor dem ersten Weltkrieg, das im 1. Weltkrieg, das Leben zwischen den beiden Bruderkriegen oder das Leben nach dem zweiten Weltkrieg? Keine Generation hat so viele Umwälzungen auf dieser Erde in so kurzer Zeit durchgestanden wie diese Altersstufe. Er war nicht nur Zeitgenosse dieser Veränderungen – er war dabei, er war mittendrin.

Franziska geb. Pritzl 
Michael Winisch

Franziska Winisch geb. Pritzl wurde als Tochter von Josef Alois Pritzl und seiner Ehefrau Maria Pritzl, geb. Rötzer in Neukirchen b. Hl. Blut, am 10.3.1896 im elterlichen Haus Nummer 4 – wie damals üblich – geboren und im römisch katholisch Glaubensbekenntnis getauft und auch erzogen.

Josef und Maria Pritzl waren tief verwurzelt im christlichen Glauben. Franziska hatte noch acht Geschwister – Michael, Josef, Engelbert, Alois, Maria, Maximilian, Johanna und Karl.
Michael wurde Landwirt, Josef betätigte sich als Bäcker, Maria ging als Dienstmädchen, Max erlernte das Schneiderhandwerk.
Mit 20 Jahre tritt Engelbert 1922 in den Orden der Franziskaner ein. Er trug im Klosterorden den Namen Onesimus. Unter anderem war er einige Jahre in Rom und in Eggenfelden im Kloster als Koch tätig. Dezember 1984 legte die Bruderschaft Onesimus in der Gruft des St. Anna Kloster in München zur ewigen Ruhe.

Geburtshaus von Franziska Pritzl in Neukirchen b. Hl. Blut

Der ehrbare Kaufmann und Ökonom Alois Pritzl hat das oben abgebildete Haus am 28.7.1893 übernommen. Ausgebaut und renoviert steht das Anwesen heute noch in der Marktstraße in Neukirchen b. Hl. Blut.

Am 15.1.1934 zog Franziska von Rittsteig nach Mittenheim bei Oberschleißheim zur ihrem Bruder Michael.
Nach dem 2. Weltkrieg war Franziska als Gehilfin in einer Gärtnerei im Dachauer Moos tätig. In Oberschleißheim hat sie im Garten von Familie Rummel im Frühjahr Gemüse gepflanzt und im Herbst geerntet.
In Geretsried bei Wolfratshausen verstarb Franziska Winisch nach einer längeren Krankheit am 5.4.1963.
Ihr Leichnam wurde in einem offenen Sarg im Leichenhaus des nördlichen Friedhofes in München aufgebahrt. Es folgte eine christliche Beerdigung mit viel Weihrauch und einem Pfarrer. Die Erde hat sie wieder aufgenommen.
Der Mensch stirbt, das Leben geht weiter, Erinnerungen bleiben.

Franziska und Michael Winisch bekamen in Rittsteig am Sonntag den 18.1.1920 einen Sohn Michael.

Michael Winisch besuchte meist barfüßig – bestenfalls im Winter mit Holzschuhe – vom 17. April 1926 bis 6. April 1933 in Rittsteig die Volkshauptschule. Bei den Bewohnern von Rittsteig herrschte damals bittere Armut. Viele Kinder hatten zur Schulpause kein Stück trockenes Brot oder gar eine altbackene Schmalznudel; gut das der Vater von Michael eine Bäckerei betrieb.
Danach, bis September 1934 war er in der Volksfortbildungsschule in Oberschleißheim eingeschult. Anschließend ging er bis zum 11. Mai 1938 in die Berufsschule für Maler in München in der Westenriederstrasse. Seine Lehrzeit als Dekorationsmaler absolvierte er zwischen 1934 und Oktober 1938 in Feldmoching bei München. Die Eltern mussten laut Lehrvertrag § 3 ein Lehrgeld von 100 Mark für die Lehrzeit bezahlen. Für die Kosten des Besuches der Fachschule hatte auch der Vater aufzukommen. Bei der täglichen Fahrt zwischen Oberschleißheim und seinem Lehrherren benutzte er sein kostbares Fahrrad.

Als Infanteriesoldat bei den Pionieren im Weltkrieg 1939 /45 nahm Michael, er war gerade mal 20 Jahre alt, im Juni 1940 am Einzug der Reichswehr in Paris teil – das Dritte Reich war im Siegesrausch. Nach zwei Kriegsverwundungen, eine im Brustkorb nahe der Lunge, verbrachte er Weihnachten 1941 in einem Lazarett in Leipzig und erlebte dort das blutige Inferno. Michael lag am 23. November 1943 in Russland im Schützengraben als er von einem Granatsplitter am rechten Fuß schwer verwundet wurde; sein Unterschenkel musste amputiert werden. Von nun an hatte er aus Holz eine Fußprothese. Ihm wurde das Verwundetenabzeichen in Silber verliehen. Als das sinnlose Morden Mai 1945 zu Ende ging und die Kanonen schwiegen, war Michael gerade mal 25 Jahre alt.
Möglicher Weise war Michael Pazifist mit aufgezwungener Waffe. In kriegerische Dienste sah er auf keinen Fall den Sinn seines Lebens.

Die meisten Kriege bahnten sich mit Lügen an, der Bundeswehreinsatz 2002 in Afghanistan – Deutschland wird am Hindukusch verteidigt -; der Irakkrieg 2003 – Irak ist im Besitz von Massenvernichtungswaffen – ; auch der Weltkrieg 1939 -1945 fing mit einer Lüge an – im Reichstag brüllte Adolf Hitler am 1.9.1939: ab 5.45 Uhr wird zurückgeschossen. Es begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der größte Völkermord der Menschheitsgeschichte. Während des Zweiten Weltkrieges fanden Schätzungen zufolge über 63 Millionen Erdenbürger den Tod – zerschossen, erfroren, verhungert. Bei allen Kriegen gibt es nur einen zentralen Auftrag: Töten!
Das epochalste Ereignis des 20. Jahrhunderts endete im Mai 1945 mit Städte die in Schutt und in Asche lagen, dazu Familien auf der Flucht und ohne Unterkünfte, zudem körperlich und seelisch zerstörten Kinder, Frauen und Männer.

Auch für das Grenzdorf Rittsteig hatte das Kriegsende tragische Folgen; Wege und Straßen endeten unüberwindbar am geschlossenen Schlagbaum zur Tschechoslowakei, der Muckenhof lag jetzt im Niemandsland und verfiel zusehends. Einige Kilometer weiter südlich wird mitten durch den Bahnhof von Bayerisch Eisenstein der Eiserne Vorhang gezogen.
Deutschland war eine Nation ohne Männer – gefallen, gefangen, verwundet. Das Deutsche Volk war sprachlos. Es hatte keine Antworten auf die vielen Fragen.
Kriege sind die größten Irrtümer der Menschheit! Vor tausend Jahren, im zweiten Weltkrieg, im Vietnamkrieg und jetzt auch im Jahre 2013 im Bürgerkrieg in Syrien bedeutet Krieg Mord, Tote, Krüppel, Plünderung, Vertreibung und Vergewaltigung.

Am 26. Januar 1946 vermählte sich Michael mit Frieda Koller in Oberschleißheim in der Pfarrkirche Maria Patrona Bavariae.
Das weiße Brautkleid von Frieda war aus Fallschirmseide gefertigt. Die Hochzeitsfeier fand in der Bergl-Wirtschaft in Oberschleißheim statt. Für dreißig Gedecke und 52 Liter Bier verlangte der Wirt 133 Reichs-Mark.
Ein Arbeiter verdiente 1946 durchschnittlich 140 RM im Monat.

v. l. n. r. Alois Gruber, Franziska Koller, Franziska Gruber geb. Koller, Kranzljungfrau, unbek. Frau, Brautpaar Frieda Winisch und Michael Winisch, Anna Gschlößl geb. Koller, Franziska Winisch, Georg Gschlößl, Kranzljungfrau, Michael Winisch

Die Entnazifizierung nach der Hakenkreuzherrschaft war für Michael kein Problem. Er trug kein braunes Hemd, während des Krieges nur die Uniform eines einfachen Soldaten, und die auch nicht gerne. Für Kriegsversehrte war es nicht einfach einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden.
Am 24.2.1947 begann Michael seinen Dienst bei dem Polizeipräsidium der Bayerischen Landpolizei München in der Winzerer Straße. September 1954 wurde eine regelmäßige Wochenarbeitsdienstzeit von 48 Stunden vereinbart. Ohne Polizeiuniform versah er mit Freude und Zufriedenheit seine Beschäftigung im öffentlichen Dienst bis zum Rentenbeginn.

Frieda Winisch geb. Koller war eine Tochter von Sattlermeister Franz Xaver Koller und seiner Ehefrau Franziska Koller geb. Altmann.
Frieda kam am 5.3.1920 in Neukirchen b. Hl. Blut auf die Welt.
Ihr Vater Franz Koller verunglückte tödlich mit einem Holzschlitten am Hohen Bogen am 27. Februar 1932 im Alter von 37 Jahren.

Im Lokalblatt „Bote vom Hohenbogen“ ist in der Ausgabe vom Mittwoch, 2. März 1932 zu lesen:
„Neukirchen. Am vergangenen Samstagvormittags fuhr der verheiratete Sattlermeister Franz Koller von hier mit seinem Holzschlitten in den Hohenbogen hinauf um die letzte Fuhre Holz heimzubringen. Sein Sohn begleitete ihn, um dabei behilflich zu sein. Bei der Rückfahrt über eine steile Höhe oberhalb der sog. Multerer Ausssetz wurde auf der steinigen und eisigen Bahn in einer gefährlichen Kurve (Reibe) der sog. Anhang (angehängte Holzscheite) zerstoßen, der schwerbeladene Schlitten kam in Schuß, raste bei der Kurve aus der Bahn und drückte den unglücklichen Lenker so heftig an einen Baum, daß ihm der Brustkorb eingedrückt und auch der Hals gequetscht wurde. Bis sein Sohn, der im Anhang saß, nachkommen konnte, war der Vater schon bewusstlos und gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Nachkommende Holzzieher befreiten den Toten und brachten ihn der erschrockenen Gattin ins Haus. Die bedauernswerte und 4 unversorgte Kinder betrauern einen herzensguten und treusorgenden Gatten, Vater und Ernährer…..“

Frieda hatte noch zwei Schwestern ( Franziska u. Anna ), sowie einen Bruder Franz.
Franz ist 1916 geboren. Er war seit 1938 verheiratet mit Maria Mages und hatte drei Söhne, Max, Franz und Erich. 1943 bei Bjelgorod – etwa 570 km südlich von Moskau – ist er gefallen. Er diente in der 332. Infanterie Division.
Franziska ist 1918 in Neukirchen b. Hl. Blut geboren und 2005 in Reisbach verstorben. Sie heiratete 1942 Alois Gruber in Dingolfing. Das Ehepaar hatte keine Kinder. Fanny betrieb ein Waschhaus und führte um 1960 eine Gaststätte in München – Schwabing. Vor dem Rentenbeginn war sie als Straßenbahnschaffnerin bei der Stadt München angestellt.
Anna ist 1924 in Neukirchen b. Hl. Blut zur Welt gekommen. Mit Georg Gschlößl war sie ab 22.12.1945 verheiratet. Sein Odem ging 1953 in Altenerding aus. Georg Gschlößl war 1948 der Taufpate von Klaus Winisch. Anna heiratete nochmals. Ihr Partner war Wenniger Werner der 2008 in Erding verstarb. Drei Kinder hat Anna.

Von April 1926 bis April 1933 besuchte Frieda die Volkshauptschule und weitere drei Jahre die Volksfortbildungsschule in Neukirchen b. Hl. Blut.
Sie arbeitete anschließend als Hauswirtschaftsmädchen in verschiedenen Stellen im Bayerischen Wald. Vor Kriegsausbruch half sie für kurze Zeit in der Küche einer Fischzucht im Mühltal bei Starnberg.
Am 23.1.1946 meldete sie sich nach einem Umzug von Cham in Oberschleißheim, Dr. Hofmeisterstrasse 233, an.

Frieda und Michael Winisch mit ihren beiden Söhnen Gerhard und Klaus

Michael und Frieda Winisch bekamen zwei Söhne; Gerhard Michael (1947) und Klaus Georg (1948). Beide Söhne wurden in einer Klinik in der Richard-Wagner-Str. in München geboren.

Die Familie wohnte zunächst in der Dr. Hofmeisterstrasse 6 in Oberschleißheim mit den Eltern von Michael.
Da die damalige Besatzungsmacht USA jedoch den Wohnraum für ihre Offiziere beschlagnahmte, kam es zu einem Umzug in die Dachauer Str. 13 ( direkt am Bahnübergang ) in Oberschleißheim. Am Hausgarten zogen die „Besatzer“ mit ihren Jeeps und Panzern vorbei und verteilten an die Kinder Trockenmilch, Schokolade, Kekse und Kaugummis. Der Militärkonvoi fuhr zum nahegelegenen Flugplatz.

Im Juni 1948 bekam die Familie nach der Währungsumstellung 80 DM.
Die Zeit der Lebensmittelmarken war vorbei. Hin und wieder konnte sich die Familie einen Muckefuck ( Kaffee-Ersatz ) leisten. Mit Bedacht wurde das Geld ausgegeben, denn niemand konnte die wirtschaftliche Entwicklung vorhersehen.

Bayern hatte das Glück, dass nach dem Weltkrieg die USA-Armee die Besatzungszone verwaltete.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert die Einführung der 50-Stunden-Woche. Im Zentrum stand nicht mehr die wirtschaftliche Neuordnung, sondern die Verbesserung der Arbeits-und Lebensbedingungen, etwa durch Verkürzung der Arbeitszeit. Motto: „Samstag gehört Vati mir.“
Die ganze Welt bestaunte das Wirtschaftswunder in Deutschland.

1953

Am 5. Juli 1954 zog die Familie von Oberschleißheim nach München in die Luxemburger Straße 10. Für 48 qm Wohnfläche betrug damals in München bei einem sozialen Wohnungsbau die monatliche Miete 57 DM; Wohnküche, Eltern- u. Kinderschlafzimmer u. Bad.

Der durchschnittliche Verdienst eines Arbeitnehmers entsprach 1954 etwa 350 DM. Annähernd 20% des Monatseinkommens musste für die Wohnungsmiete aufgebracht werden.

Hinter dem Wohnblock befand sich 1955 noch ein Trümmergrundstück mit einem riesigen Bombentrichter. Für die damalige Zeit ein idealer Spielplatz für unbedarfte Kinder.

Von links nach rechts: Klaus, Michael, Michael, Gerhard, Franziska, Franziska Koller, Frieda Winisch um 1961 in München

Für Michael war es eine Ehrensache, dass er seine Wohnung selbst renovierte. Mit großer Akribie strich er die Wände und mit der Farbrolle brachte er ein farbiges Muster auf.
In den 1960er Jahren arbeitete Michael in seiner Urlaubszeit bei einer befreundeten Familie in Oberschleißheim als Aushilfsmaler z.B. im Schloss Schleißheim. Mit einem Moped „Rex 2 Gang“ bewältigte er den Arbeitsweg. Sein erstes eigenes Auto war ein gebrauchter blauer VW-Käfer.
Besuchte Michael Verwandte in Rittsteig so wünschte er sich die urwüchsige kräftige Bauernkost Schoanbladl mit gestöckelter Milch. Die Beziehungen zu der umfangreichen Verwandtschaft zu umsorgen war ihm eine Herzensangelegenheit.
Trotz seiner Fußprothese war Michael ein begeisterter Tänzer. Gerne radelte Michael auch quer durch den Englischen Garten.

In Heimarbeit handarbeitete Frieda in den 1950er Jahren Rosenkränze für eine Firma in Neukirchen.

Das Rosenkranzketteln ist eine Heimarbeit, die mit einem kleinen Zänglein und 59 Perlen ( u.a. aus Glas oder Holz ) ausgeführt wird. Neukirchener Rosenkränze sind heute noch begehrte Devotionalien.

Ab 1960 arbeitete Frieda als Büglerin in der Textilreinigung Ferdinand Götz am Biederstein.
In ihrer Freizeit als Rentnerin bastelte Frieda Rauschgoldengel oder häkelte.
Michael und Frieda Winisch gehörten 1973 zu den Gründungsmitgliedern des Heimatvereins Neukirchen b. Hl. Blut und Umgebung in München e.V..

Michael pflegte intensiv den Kontakt mit seinen ehemaligen Kriegskameraden.
Die Jugendzeit von Michael prägte der Weltkrieg; 1/10 seiner Lebensjahre waren Kriegsjahre; eine verlorene Jugend! Nur sechs Jahre konnte er das „Rentnerdasein“ genießen.

Michael und Frieda Winisch 1986

Michael wurde mit 72 Jahre am 21.8.1992 abberufen in die Ewigkeit. Er verstarb im Krankenhaus in München, Seestraße 12. Unter großer Anteilnahme von Freunden, Bekannten und Verwandte wurde er im Münchner Nordfriedhof im Grab seiner Eltern beigesetzt. Auch eine Fahnenabordnung des Heimatvereins erteilte ihm die letzte Ehre.
Frieda zog am 2.10.2001 im Krankenhaus Bogenhausen in München ihr Sterbehemd an.
Frieda fand ihre letzte Ruhestätte im Münchner Nordfriedhof.

Hier möchte ich den Rückblick auf meine Vorfahren beenden.

Die entschwundene Zeit, den Urgrund unseres Heute, meiner Ahnen der „Winisch“, habe ich versucht in einigen vorangegangenen Beiträgen zu schildern.
Wer seinen Ursprung kennt, handelt leichter, den Weg in die kommende Zeit zu finden. Bei unseren Eltern war der Kopf kurz nach dem Weltkrieg noch von Hunger, Bombenexplosionen und Kanonendonner wirr. Ist es verwunderlich nach Diktatur, nach Inflationen und Währungsreformen?
Das bescheidene Leben meiner Eltern und das Wirtschaftswunder in Deutschland durfte ich miterleben.
Ich entstamme der ersten Nachkriegsgeneration. Wir haben bisher keinen Krieg im eigenen Land aktiv durchgestanden; aber die Kriegsschäden aus dem zweiten Weltkrieg bei den Menschen und in den Städten sind mir noch in Erinnerung.
Unsere Vorfahren haben die Grundlagen für unser heutiges Leben geschaffen.

Die Zukunft wird von uns mitgestaltet. Wir müssen überlegen, welche Welt wir möchten. Alles was wir denken, fühlen, tun oder unterlassen, birgt Folgen. Wir alle entscheiden mit, wie unsere Welt morgen aussehen wird.

Klaus Winisch

Epilog

Je intensiver ich mich mit der Familienforschung beschäftige, desto mehr drängt sich die Frage auf, was ich ergründen möchte.

Dokumente die mein Vater sammelte und Geschichten die mein Großvater erzählte wurden wieder lebendig; Familiennamen bekamen eine Bedeutung und Orte konnte ich wieder einen Bezug geben.

Im Fokus meiner Suche steht das Leben unserer Vorfahren, wie war ihre Arbeitswelt, was ereignete sich in ihrem Umfeld – war es die gute alte Zeit? Nur wenn ich darüber eine plausible Antwort erhalte, kann ich die Entscheidungen unserer Vorfahren verstehen.

Je gründlicher ich forschte, desto klarer wurde mir, meine Ahnenforschung wird nie vollständig. Immer werden Lücken bleiben und Ergänzungen möglich sein.

Die Erkenntnisse über unsere Vorfahren und der Vergleich mit der Lebensweise der heutigen Generation lies mich über die Geschichte von Leo Tolstoi „wie viel Erde braucht der Mensch“ nachdenken.

Was wir Menschen auch immer dieser Erde angetan haben, ob wir sie gepflegt und gehegt haben, oder ob wir ihr Wunden zugefügt haben und auf ihr herumgetrampelt sind, sie nimmt uns mit viel Gelassenheit wieder auf.

Klaus Winisch